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Der Grund ist der Grund ist der Grund …
2021
Galerie Obrist, Essen
Hochdruckreiniger auf Gehwegplatte/Pressure washer on sidewalk slab
15 m rund um das Galeriegebäude/15 m around the gallery building
Sabine Kampmann
Geht auf den Grund: Franziska Nast
„DER GRUND IST DER GRUND IST DER GRUND“ lauten die Worte, die Franziska Nast mittels Hochdruckreiniger auf und in die Gehwegplatten vor dem Galerieraum geschrieben hat. Es ist eine Aussage, die Fragen bei den Passanten provoziert. Die Doppeldeutigkeit des metaphorischen Auf-den-Grund-Gehens und des realen Bearbeitens des Unter-Grundes leuchtet sofort ein. Manchem fällt auch Gertrude Steins „A rose, is a rose, is a rose“ ein – eine literarisch-tautologische Formel, deren Rezeptionsgeschichte sich längst verselbständigt hat und die für identitäts- und sprachtheoretische Fragen steht. Angesichts der aktuellen Pandemiesituation drängt sich noch ein weiteres Assoziationsfeld auf. Der Schriftzug auf der Erde markiert genau jene Position, die Galeriebesucher*innen wegen der Corona-Schutzmaßnahmen in der Regel einnehmen. Sie bleiben draußen, vor der Galerie. Und schließlich kreisen die Gedanken auch um den ‚Grund‘ für die globale wie individuelle Ausnahmesituation vom ‚normalen’ Leben, in der wir uns alle befinden: das Virus.
Franziska Nast, die schon in Hamburg, Hannover und Berlin mit Kärcherzeichnungen im Außenraum arbeitete, hat nun auch in Essen ein Gastspiel gegeben und überlässt die weitere Entwicklung des Werks dem Wetter und der Zeit. Denn dies ist das Wesen des ungewöhnlichen künstlerischen Mediums. Ein Hochdruckreiniger (alltagssprachlicher Namensgeber ist der Hersteller Kärcher) reinigt mittels starkem Wassersstrahl und stellt somit ein Negativverfahren dar. Der Schriftzug auf dem Asphalt verschwindet jedoch mit der Zeit durch den überlagernden Schmutz – das Werk ist ebenso temporär wie ephemer.
Ähnlich wie der Hochdruckreiniger kraftvoll den Boden bearbeitet, die Grenze zwischen Materie und Umraum perforiert, arbeitet auch ein anderes Medium, dessen Nast sich bedient: die Tätowierung. Sowohl in Performances auf Menschenhaut als auch auf dem weichen Kunststoff Polystyrol kommt der Tätowierapparat zum Einsatz. Rasend schnell stechen die Nadeln zu, verletzen den Grund und bringen Farbe unter die Oberfläche. In Nasts T-Drawings kommt die besondere Ästhetik des Tattoos zum Ausdruck. Auch die vermeintlich ‚lebenslängliche‘ Tätowierung verblasst, wird unscharf, läuft aus und ist permanenter Veränderung unterworfen. Das Spiel mit Wort-Zeichnungen und Sprache-Bildern und besonders auch mit dem Prinzip des Einschreibens ist es, das Nasts Arbeiten auf Untergründen aller Art miteinander verbindet.
Installationsansicht/installation view Galerie Obrist
19. März bis 2. Mai 2021
Nähe #1 – berühren
teilnehmende KünstlerInnen/participating artists
Marcela Böhm, Andrea Boži? & Julia Willms, John Coplans, EVA & ADELE, FLATZ, (e.)Twin Gabriel, Simone Haack, Franziska Nast, Annegret Soltau
NÄHE #1 – First View
Kahrstr. 59, D-45128 Essen